Standort: Wirtschaftsstandorte

Standort: Wirtschaftsstandorte
Standort: Wirtschaftsstandorte
 
Wirtschaftsstandort ist ursprünglich der geographische Ort von Unternehmen, an dem sie ihre Güter produzieren oder verkaufen. Heute bezeichnet man mit Wirtschaftsstandort allerdings häufig gesamte Regionen, Länder oder sogar Wirtschaftsblöcke wie die Europäische Union. Die unternehmerische Standortwahl ist für die Raumordnung und die Wirtschaftspolitik von großer Bedeutung. Denn die Entscheidung von Unternehmen für oder gegen einen bestimmten Standort kann großen Einfluss auf die regionale Beschäftigungslage oder das Steueraufkommen haben. Negativ kann sich die Ansiedlung bestimmter Industrien z. B. dann auswirken, wenn deren Produktion mit starken Emissionen verbunden ist.
 
 Ökonomische Theorie der Standorte
 
Die entscheidungsrelevanten Merkmale für die Standortwahl werden als Standortfaktoren bezeichnet, für die die Volkswirtschaftslehre wie auch die Betriebswirtschaftslehre eine Reihe von Systematisierungsversuchen bieten (Standortmodelle). Den Modellen ist gemein, dass sie die Entscheidung eines Unternehmens rational erklären wollen. Entsprechend dem unternehmerischen Ziel, Erträge zu erhöhen und Kosten zu senken, werden absatz- und kostenorientierte Standortfaktoren unterschieden. Der Volkswirtschaftler Alfred Weber (1868-1958) begründete die industrielle Standortlehre. In seinem System beeinflussen die Standortfaktoren Transportkosten, Arbeitskosten und Agglomerationswirkungen die Wahl des Standorts, wobei die Transportkosten eine zentrale Stellung einnehmen (»tonnenkilometrischer Minimalpunkt«). Die Realität bestätigt dies eindrucksvoll: Seit Jahrhunderten befinden sich die großen Handelszentren im Bereich der Schnittpunkte von Handelswegen.
 
 Standortfaktoren
 
In die Entscheidung über einen bestimmten Unternehmensstandort fließen sehr viele Faktoren ein, die sich jedoch alle in zwei Kategorien einordnen lassen: Minimierung der Kosten und Maximierung der Erträge. Die volks- und betriebswirtschaftlichen Modelle fallen entsprechend komplex aus. Je mehr Inputfaktoren wie z. B. Arbeit oder Energie berücksichtigt werden, desto schwieriger wird es, klare Vorhersagen für den optimalen Standort zu entwickeln. Bei der Standortwahl muss entschieden werden, ob ein Unternehmen oder Unternehmensteil im Inland oder Ausland gegründet wird (internationale Standortwahl), in welcher Region einer Volkswirtschaft (regionale Standortwahl) und in welcher Stadt oder Gemeinde das Unternehmen errichtet wird (lokale Standortwahl). Kleine und mittlere Unternehmen sind eher (z. B. mangels Erfahrung) lokal bis national tätig. Falls die eigenen Produkte auch im Ausland verkauft werden sollen, lässt sich dies zunächst mittels Handel, dann aber auch mittels Lizenzvergabe erreichen.
 
Für größere Unternehmen bieten sich dagegen durchaus Standorte im Ausland an. Wichtig für einen Standort ist, wie schnell z. B. der entsprechende Markt wächst oder wie stark die Konkurrenz ist. Auch kann eine direkte Präsenz im Absatzmarkt wünschenswert sein, wenn der Kontakt zum Kunden besonders wichtig ist. Zudem ist der Gewinn eines Unternehmens stark von den örtlich geltenden Steuersätzen abhängig. Auf der Kostenseite sind es Arbeitskosten (Entgelt für geleistete Arbeit und die in Deutschland nicht zu vernachlässigenden Personalzusatzkosten), Kapitalkosten (Kreditkosten, Abschreibungssätze und andere Vorschriften der Steuerbilanzierung), aber auch Kosten für Energie, Entsorgung und die Qualität der Infrastruktur (z. B. Straße, Schiene und Kommunikationsmöglichkeiten). Weitere Faktoren, die ein Unternehmen vor einem Gang ins Ausland zu prüfen hat, sind z. B. die politische Stabilität, das Rechtssystem oder die Zusammenarbeit mit lokalen Behörden. Die Ansiedlung von BMW in den USA im Jahr 1994 veranschaulicht die Komplexität der notwendigen Überlegungen bei einer Auslandsinvestition.
 
 Qualität eines Standorts
 
Insgesamt ist die Standortqualität Resultat eines vielschichtigen Komplexes von Einflussgrößen, deren Bedeutung je nach Wirtschaftszweig unterschiedlich ausfällt. Als Indiz für die Schwäche des Wirtschaftsstandorts Deutschland wird oft die Stärke der deutschen Direktinvestitionen im Ausland angeführt, die im Kontrast zu schwachen ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland steht. Zum Teil liegt dies in der international unterschiedlichen Definition von Direktinvestitionen begründet. Wichtig ist aber auch, dass nicht jede Direktinvestition mit realen Neuinvestitionen verbunden ist. Festzustellen ist allerdings, dass die Arbeitskosten in Deutschland seit den 80er-Jahren im internationalen Vergleich stark gestiegen sind. Gleichwohl steht hohen Arbeitskosten eine noch immer relativ hohe Produktivität gegenüber. Standortverlagerungen bzw. Standortwechsel (Aufgabe des bisherigen Standorts und Verlagerung der Produktionsfaktoren an einen neuen Standort) können daher durchaus aus Kostengesichtspunkten begründet sein.

Universal-Lexikon. 2012.

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